Die unabhängige Whisky-Brennerei auf der schottischen Insel Islay steht seit ihrer Neueröffnung 2001 für Individualismus, soziale Werte, ökologische Produkte und ein „back to the roots“ bei der Whiskyherstellung. Doch jetzt hat dieses Bild tiefe Risse bekommen, denn der französische Großkonzern Remy Cointreau hat seine Übernahmeabsichten bekannt gegeben und von Seiten der Geschäftsführung der Single Malt Destillerie kommt zustimmendes Kopfnicken: Ja, man verhandelt. Also doch alles nur eine Frage des Preises?
Zurück zu den Wurzeln der Whiskyherstellung
7,5 Millionen Pfund legten im Jahr 2000 den Grundstein zur Wiedergeburt der 1994 stillgelegten Brennerei. Mark Reynier, Gordon Wright und Simon Coughlin gingen mit viel Enthusiasmus daran, die Destillerie zu renovieren und so einzurichten, dass sie den alten Traditionen und Herstellungstechniken gemäß arbeitete. Keine Computer, dafür Handarbeit und alte Brennkunst.
Es sollte ein Whisky hergestellt werden, wie er seit alters her auf der Hebriden-Insel zuhause war. Mit Engagement wurden auch die örtlichen Farmer in die Arbeit mit eingebunden, um dem Ziel, Whisky aus heimischem Getreide von Islay zu erzeugen, näher zu kommen.
Es wurde erreicht: Ein Bruichladdich Islay Barley bereichert das breite Spirituosenangebot der kleinen Brennerei ebenso wie ein „Organic“, ein Bio-Whisky.
Innovativ und sozial
Zu verdanken ist der große Erfolg der Bruichladdich-Produkte nicht zuletzt dem Master Destiller Jim McEwan, der für die Innovationen und Kreationen der Brennerei verantwortlich zeichnet, nicht zuletzt für das Entwickeln der stark getorften Whiskys der begehrten Octomore-Reihe.
Wer sich bei einem Besuch der Destillerie mit den Angestellten unterhält, bekommt von allen Seiten bestätigt: „Wir sind hier eine große Familie“. Man legt Wert darauf, einheimisches Personal zu beschäftigen und vor allem den Behinderten der Insel einen Arbeitsplatz anbieten zu können.
Doch mit dem großen Strom schwimmen
Doch auf einmal ist alles anders und die emotionale Werbestrategie „Wir sind unabhängig, wir sind anders als die großen Konzerne, wir machen unser eigenes und authentisches Ding“ tritt in den Hintergrund angesichts der Chance auf wirtschaftlichen Erfolg.
Remy Cointreau signalisiert den Wunsch, die gutgehende Destillerie zu kaufen und sich durch diese Investitionen den internationalen Trends anzuschließen: Auch die anderen großen Getränkekonzerne wie Diageo und Pernod Ricard lassen gerade Millionensummen in das Marktsegment Whisky fließen, das derzeit boomt. Vor allem der asiatische Markt ist es, der mit hohen Absatzzahlen lockt und für den Bruichladdich wie gerufen käme.
Der Weg nach vorne ein Weg zurück?
Mark Reynier begründet den Eintritt in die Verkaufsverhandlungen damit, dass man bei dem Angebot gar nicht anders könne. Auch die Mitarbeiter würden davon profitieren – ihre Arbeitsplätze seien gesichert, so twittert er. Und für die weitere Entwicklung von Bruichladdich auf die internationalen Märkte hin sei das Netzwerk eines großen Konzernes nötig.
Stellt sich nur die Frage, ob diese Entwicklung denn nötig ist. Sicher kann Bruichladdich viel gewinnen – aber mindestens ebenso viel verlieren: Charisma, Authentizität und die Garantie, innovativ, beweglich und unabhängig zu bleiben. pm
Weitere Informationen
meinwhisky.com
Der Verkauf ist übrigens perfekt, seit heute ist es offiziell: Der Preis der Unabhängigkeit ist 58 Millionen Britische Pfund!
http://meinwhisky.com/2012/07/23/der-verkauf-ist-perfekt-fur-58-millionen-pund-geht-bruichladdich-zu-remy-cointreau/