Essen ohne Pestizide – neuer Greenpeace Ratgeber

Der Ende März 2012 herausgegebene Greenpeace-Ratgeber Essen ohne Pestizide hilft beim Einkauf von gering belastetem Obst und Gemüse.  Der Ratgeber bewertet die Pestizidrückstände in 76 Obst- und Gemüsesorten mit einem einfachen Ampelsystem. Greenpeace testet seit 2003 regelmäßig Obst und Gemüe auf Pestizidbelastung und hat bereits 2005 und 2007 Pestizidratgeber veröffentlicht.

Im Auftrag der Umweltorganisation haben Experten mehr als 22.000 Proben der deutschen Lebensmittelüberwachung aus den Jahren 2009 und 2010 neu bewertet. Hinzu kommen Daten aus Pestizidtests von Greenpeace. Insgesamt wurde 163 Lebensmittel aus rund 80 Ländern beprobt.

Das Ergebnis: In rund 80 Prozent des konventionell erzeugten Obstes und in über 55 Prozent der Gemüseproben waren Pestizide enthalten. Wer Pestizide im Essen vermeiden will, sollte Bio-Ware wählen oder auf das Herkunftsland von Obst und Gemüse achten, sagt Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace. Denn maximal 20 % der Ware aus kontrolliert biologischem Anbau enthielt Rückstände von Pestiziden.

Lebensmittel deutscher Herkunft schnitten häufig gut ab, z. B. einheimische Gemüsesorten wie Kohl, Spargel, Zwiebeln und Champignons. Produkte aus der Europäischen Union waren weniger belastet als vergleichbare Ware aus der Türkei und Übersee.

Tafeltrauben, Paprika, Birnen, Zucchini und Grapefruit aus der Türkei überschritten die in der EU gültigen Pestizidhöchstgehalte besonders häufig. Problematisch waren zudem Exoten wie Okra und Chilischoten aus Indien und Thailand. Ein Sorgenkind bleibt der Kopfsalat: In Proben aus Belgien, Holland und Italien fanden sich hohe Giftgehalte. Am häufigsten überschritten Gemüsepaprika, Birnen, Tafeltrauben, Kopfsalat und Tomaten die so genannte akute Referenzdosis (ARfD).

Insektizide und Fungizide bunt gemischt
In 805 Proben wurden die gesetzlich festgelegten Höchstgehalte an Pestiziden überschritten. Am häufigsten waren die Insektizide Dimethoat und Ethion zu finden. Aber auch das hochgiftige Fungizid Carbendazim wurde in 68 Lebensmitteln aus 45 Ländern gefunden, weiter der Wirkstoff Boscalid und das Insektizid Chlorpyrifos.

Pestizide können den Hormonhaushalt und das Immunsystem beeinträchtigen, Krebs auslösen oder das Nervensystem schädigen. Knapp ein Drittel der geprüften Ware bewertete Greenpeace deshalb aus Vorsorgegründen mit rot als nicht empfehlenswert.

Chemiecocktails in Tafeltrauben & Co.
Insgesamt wurden in den 22.481 Proben 351 Wirkstoffe nachgewiesen. Viele Obst- und Gemüsesorten kamen mit einem ganzen Cocktail verschiedener Chemikalien ins Labor. Spitzenreiter war eine Probe türkischer Tafeltrauben mit 24 Pestiziden.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass sich die Wirkungen mehrerer Chemikalien verstärken können – auch schon in geringen Konzentrationen. Dennoch werden Pestizide in der EU bisher nur einzeln bewertet. Grenzwerte für Pestizidcocktails in Lebensmitteln gibt es nicht.

Im Obst- und Gemüseanbau kann legal ein weites Spektrum an Pestiziden versprüht werden, sagt Santen. Greenpeace fordert Landwirtschaftministerin Ilse Aigner auf, Verbraucher und Umwelt besser vor Pestizid-Cocktails zu schützen.

Mit einem im Jahr 2012 aktualisierten Bewertungssystem untersucht Greenpeace Lebensmittel strikt nach dem Gesundheitsvorsorgeprinzip. Die gesetzlichen Pestizidgrenzwerte reichen nicht aus, um besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie Kleinkinder, Schwangere und Kranke ausreichend vor Agrargiften zu schützen.

Die untersuchten Proben stammen aus den großen Supermärkten und Discountern, dem Einzel- und Großhandel, sowie lokalen Supermärkten und Bioläden.

Quelle: Sigrid Totz, Pressemitteilung Greenpeace vom 26.3.2012

Weitere Informationen
Greenpeace-Pestizid-Ratgeber zum Herunterladen

Greenpeace-Infos zu Pestiziden in Lebensmitteln

Greenpeace-Studie „Grenzen der Pestizidanalytik“ 2008

Ökomonitoring Baden-Württemberg – vergleicht regelmäßig ökologisch mit konventionell erzeugtem Obst und Gemüse auf Pestizidbelastung

Bundesinstitut für Risikobewertung – Risikobewertung von Pflanzenschutzmittel-Rückständen in Lebensmitteln

Ebbecke, Katja: Giftiger Re-Import. Pestizide im Gemüse. (Süddeutsche Zeitung, 24. März 2006)

Studie “Pestizide und Kinder” des Kinderhilfswerks Terre des hommes

Unser täglich Gift. Dokumentarfilm von Marie Monique Robin. Coproduktion von Arte France und INA Frankreich 2010

Interview mit Marie-Monique Robin von ARTE: Teil 1, Teil 2, Teil 3

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