Welchen Einfluss haben technische Katastrophen auf politische Lernprozesse im Bereich der Technikentwicklung und Risikoregulation? „Welche nachkatastrophalen Lernprozesse werden von großen Industriekatastrophen angestoßen? Wie weit reichend ist dieses Lernen? Welche Faktoren befördern solche Lernprozesse, welche behindern sie?“ (S. 21) Matthias Hofmann geht diesen Fragen anhand der Analyse dreier prominenter Großunfälle aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach: der Reaktorkernschmelze von Harrisburg 1979, der Dioxinkatastrophe von Seveso 1976 und des Chemielagerbrands von Basel 1986.
Im Zentrum der Untersuchungen stehen Prozesse nachkatastrophalen Lernens, die damit verbundenen Konflikte und die jeweiligen dominanten Akteure. Die Zusammenschau gemeinsamer Entwicklungslinien aus den Katastrophen erbringt ernüchternde Ergebnisse: „In allen Fällen kam es zwar zu weit reichenden, aber größtenteils reformatorischen Änderungen am jeweiligen Institutionensystem. […] Die Rahmenbedingungen, unter denen die relevanten Akteure im Bereich der Hochrisikotechnologien handeln, wurden eher marginal modifiziert.“ (S. 382)
Die Thematisierung von Nebenfolgen technologischer Großsysteme ist mehr als 20 Jahre nach dem letzten untersuchten Unfall weitgehend wieder von der politischen Agenda verschwunden. Eine verlässliche und nachhaltige Methodik, wie politisches »Lernen aus Katastrophen« gewährleistet werden könnte, ist nach wie vor ein Desiderat.
Hier kann man das Inhaltsverzeichnis als PDF anschauen/herunterladen.
Matthias Hofmann: Lernen aus Katastrophen: Nach den Unfällen von Harrisburg, Seveso und Sandoz.
416 Seiten, Edition Sigma, 2008. ISBN-13: 978-3894045593
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