Von der Öffentlichkeit größtenteils unbeachtet gehen die Bienenbestände seit Jahren immer mehr zurück – eine Katastrophe nicht nur für die Landwirtschaft. Imkerverbände, Tierschützer und Naturschutzbünde mahnen und informieren, doch niemand hört so richtig hin. Dabei ist in Europa und den USA ist die Population der Bienen in den letzten Jahren um fast 30 Prozent zurückgegangen, im Mittleren Osten sogar um fast 85 Prozent. Das ist dramatisch nicht nur für die Bienen, sondern auch für die Menschen – denn ohne die bestäubenden Bienen hätten wir deutlich weniger Lebensmittel.
Avaaz-Petition zur Rettung der Bienen – bis 27.4.2012 unterzeichnen
Die Ursachen für das Bienensterben konnten bislang wissenschaftlich nicht eindeutig eingegrenzt werden. Sicherlich spielen der Klimawandel, Luftverschmutzungen und die veränderten Lebensräume der Bienen durch Monokulturen und Landschaftsveränderungen eine Rolle. Doch derart drastische Zahlen rechtfertigt das nicht.
Es sind zwei Hauptgründe, die in Diskussionen immer wieder genannt werden: Zum einen ist es der Befall mit der Varroa-Milbe, zum anderen die Vergiftung der Bienen durch ausgebrachte Herbizide und Pestizide.
Filme über das Bienensterben
„Das Geheimnis des Bienensterbens” – Ein bewegender ARTE-Film von Mark Daniels, der das Bienensterben in vielen Ländern dokumentiert hat.
Kurzes AFP-Video „Bienen in Not“ (2010) auf der BUND-Webseite
Vampire im Bienenstock: die Varroa-Milben
Die Varroa-Milbe war ursprünglich in Asien bekannt, bis sie unvorsichtigerweise durch ein Bienenforschungsinstitut nach Deutschland eingeschleppt wurde. Sie setzt sich in Bienenstöcken fest und ernährt sich vom Blut der Bienen, benutzt sie quasi als lebende Zapfsäulen.
Auf der jungen Bienenbrut vermehren sich die Milben und schwächen dann die geschlüpften Tiere so sehr, dass diese nur kurze Zeit überleben. Zusätzlich droht den Bienen bei Varroatose eine Gefahr durch Infektionen an den Bissstellen der Milben. In der Zeit, in der kein Honig produziert wird, können die Imker die Varroa-Milben mit Ameisensäure bekämpfen.
Gefahr für Bienen: chemische Gifte wie etwa Neonicotinoide
Viele Fachleute sind der Meinung, dass der Hauptfeind der Bienen nicht die Varroa-Milbe ist, mit der Imker es schon seit den 1970er Jahren zu tun haben. In einer mehrjährigen Langzeitstudie, Deutsches Bienenmonitoring (DEBIMO) genannt, wird die Varroa-Milbe als Hauptverursacher bezeichnet. Doch die Objektivität der Studie wird angezweifelt, da die pestizidherstellende Industrie (BASF, Bayer, Syngenta.) fast zu 50% an ihr beteiligt war.
Die katastrophalen Auswirkungen von Beizmitteln und anderen chemischen Produkten in der Landwirtschaft werden bei der Studie kaum berücksichtigt. Beispielsweise wird das Massensterben von Bienen 2008 nach der Aussaat von Mais im Rheintal ganz verschwiegen. Es war zur Bekämpfung des Mais-Wurzelbohrers mit dem Nervengift Clothianidin behandelt worden. Der Berufsimkerverband warnte im Mai 2011, daß in Bayern ebenfalls chlothianidinhaltige Spritzmittel gegen den Drahtwurm beim Mais eingesetzt werden sollten.
Auch andere Neonicotinoide sind äußerst langlebig, reichern sich im Boden an und töten so nicht nur die Bienen und andere Insekten, sondern gelangen auch in die Nahrungskette.
Gift im Hausgarten ist schädlich für Bienen
Doch es sind nicht nur die landwirtschaftlichen Unternehmen, die bei der Verwendung chemischer Mittel leichtfertig umgehen: Viele Kleingärtner und private Haushalte verwenden bedenkenlos große Mengen von Herbiziden und richten durch verwendete Wirkstoffe wie Glyphosat großen Schaden an, wie eine aktuelle Studie des NABU belegt.
Welchen Preis sind wir bereit für unkrautfreie Wege zu bezahlen? Der Wert mancher Dinge wird uns leider oft erst bewusst, wenn es zu spät ist – hoffen wir, dass es im Falle der Bienen nicht soweit kommt. Denn wenn es für die Bienen zu spät ist, ist es auch für uns zu spät.
Albert Einstein sagte einmal:„Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr.“ pm
Weitere Informationen
Ulrike Sauer: Stummer Frühling (Report aus der Süddeutschen vom 3.4.2015 über das Bienensterben in Italien)
Avaaz-Petition zur Rettung der Bienen – bis 27.4.2012 unterzeichnen
Gift-Anfrage-Generator des BUND: So kann man leicht bei Firmen nachfragen, ob gefährliche Stoffe in ihren Produkten enthalten sind.
Empfindliche Pollensammler: Schon geringe Mengen von Insektiziden können Bienen töten (Deutschlandfunk)
Pestizid Clothianidin darf wieder angewendet werden: Bienensterben im Maisfeld (Süddeutsche Zeitung)
Das große Bienensterben – was haben Pestizide damit zu tun? Infoseite des BUND
Studies fault Bayer in bee die-off (Christian Science Monitor, auf Englisch)
2 Studies Point to Common Pesticide as a Culprit in Declining Bee Colonies (New York Times, auf Englisch)
Leaked document shows EPA allowed bee-toxic pesticide despite own scientists’ red flags (Grist, auf Englisch)
Bayer’s Annual Stockholder’s Meeting (ASM website, auf Englisch)
Am Bienensterben sind aber leider auch die Imker beteiligt. Es betrifft den Part, der unter der Überschrift Varroamilbe steht. Diese parasitäre Milbe tritt seit nahezu 30 Jahren in Europa auf und ist in allen Bienenvölkern in Deutschland präsent. Es gibt genügend hochwirksame Mittel und Therapien, solche auf konventioneller wie auf ökologischer Basis, die eine Schädigung oder einen Tod des Bienenvolkes verhindern.
Nichtsdestotrotz sterben nach Prognose des Mayener Bieneninstitutes auch im Winter 2011/12 wieder mehr als 200.000 Bienenvölker an den Folgen ungenügender oder fehlender Behandlung der Bienenvölker gegen die Varroamilbe. Die Varroose vrehält sich wie eine Tierseuche, die sich immer wieder neu ausbreitet durch Reinvasion behandelter Bienenvölker durch benachbarte unbehandelte Bienenstöcke.
Es gibt zwei Grundprobleme bei dieser Parasitose. Zum einen kann jeder Depp Imker werden, indem er sich ein Bienenvolk in den Garten stellt. Es ist keinerlei nachzuweisende Sachkunde notwendig für die Haltung von Bienen, die Produktion des Lebensmittels Honig und den Einsatz von Medikamenten in Bienenvölkern. Etwas wie einen Jagd- oder Angelschein gibt es in der Imkerei nicht.
Das zweite Problem ist die Wahrnehmung des Bienensterbens in der Öffentlichkeit. Stürben in den deutschen Bauernhöfen 30% des Tierbestandes an der Inkompetenz ihrer Halter, ginge ein Aufschrei durch die Öffentlichkeit. Bei Bienen ist dies anders, sie werden anders wahrgenommen.
Meiner Meinung nach brauchen wir eine Strukturreform in der Imkerei, die auf der Basis einer Qualifikation der Imker basier. Jeder der Bienen halten will, muß dies lernen – egal ob Freizeit- oder Berufsimker. Und er muß seine Kenntnisstand mit einer Prüfung belegen.
Außerdem ist die Überwachung und Anordnung der Varroabekämpfung durch den Amtsveterinär erforderlich. Imker, die ihre Völker ungenügend, falsch oder nicht behandeln, gefährden und schädigen die Bemühungen ihrer kompetenten und willigen Imkernachbarn im Radius mehrerer Kilometer. Im Zweifelsfall müßten wie in anderen Fällen der Tierquälerei auch solchen nachlässigen Imkern die Bienen weggenommen werden.
Es hört sich hart an, aber ich finde es indiskutabel, wenn jedes Jahr mindestens 200.000 Bienenvölker an den Fehlern ihrer Halter zugrunde gehen.