Meine schönen Obstbäume im neuen Garten leiden derzeit unter Blattläusen – ganze Blätter kringeln sich ein, und die Ameisen melken Zuckersaft, daß ihnen fast die Bäuche platzen. Viele Nachbarn haben mir gleich empfohlen, Insektizide zu spritzen. Aber ich will ja Permakultur betreiben – da heißt es Brennesseljauche ansetzen und Nützlinge fördern, z. B. mit einem Insektenhotel, dazu ein andermal mehr. Aber jetzt mal ein Wörtchen zu Gift im Garten – darauf zu verzichten ist nicht nur Umweltschutz, sondern auch Menschenschutz, worauf das Umweltinstitut mal wieder nachdrücklich verweist:
Gartenhandel und Baumärkte werben aktiv für das Pflanzengift „Roundup unkrautfrei“. Doch die Produkte für den Haus- und Kleingartenbereich enthalten denselben Wirkstoff Glyphosat wie das umstrittene Roundup für die landwirtschaftliche Anwendung. Das Umweltinstitut München warnt vor dem Gebrauch.
Nachtrag vom 19.5. siehe unten.
Mit einer groß angelegten TV-Kampagne soll der Absatz des Pflanzengifts „Roundup unkrautfrei“ derzeit gestärkt werden. Handelshäuser wie GLOBUS greifen die Propaganda auf und werben in eigenen Angeboten energisch mit.
Doch die Roundup-Produkte für den Haus- und Kleingartenbereich sind nicht unbedenklich. Sie enthalten denselben Wirkstoff Glyphosat wie das umstrittene Roundup für die landwirtschaftliche Anwendung des Agrarkonzerns Monsanto. Das Pflanzengift vernichtet bei Blattkontakt alle Pflanzen, die nicht durch Genmanipulation angepasst wurden.
Vergiftung durch Glyphosat
Unabhängige Forschungsergebnisse und gravierende Vergiftungsfälle in Lateinamerika in Zusammenhang mit der Glyphosat-Ausbringung sind eindeutige Indizien für dessen Giftigkeit. Die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Glyphosat konnten schon bei weit geringeren Konzentrationen als üblicherweise angewendet, beobachtet werden. Dokumentiert sind Schädigungen der menschlichen Zellen bis hin zu Krebserkrankungen.
Trotz der Halbwertszeit des Pflanzengifts von zwei bis 174 Tagen lautet die Produktempfehlung auf der Verpackung von „Roundup unkrautfrei“: „Nach vollständigem Antrocknen können Kinder und Haustiere wieder auf die behandelten Flächen.“
Anja Sobczak, Referentin für Gentechnik und Landwirtschaft beim Umweltinstitut München warnt: „Der Umwelt zuliebe sollte man auf das aggressive Pflanzengift Roundup verzichten und den unerwünschten Wildwuchs besser auf natürliche Weise, durch Ausreißen entfernen. Insbesondere wer kleine Kinder oder Haustiere hat.“
Nachtrag vom 19.5.
Auch der Naturschutzbund NABU warnt vor dem Einsatz von Glyphosat und hat eine Studie zu den Auswirkungen unternommen: "Glyphosat & Agrogentechnik: Risiken des Anbaus herbizidresistenter Pflanzen für Mensch und Umwelt".
Die NABU-Studie sammelt zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einsatz von Glyphosat insbesondere in den USA und Lateinamerika. Dort wird es per Flugzeug auf riesigen Flächen versprüht, auf denen genveränderte Sorten Soja, Mais und Raps wachsen, die resistent sind gegen Glyphosat – das heißt, der Unkrautkiller vernichtet alle anderen Pflanzen, außer den genveränderten Sorten. Dabei vergiftet der großflächige Einsatz aber auch Böden und Gewässer und hat schreckliche Folgen für die Gesundheit der Menschen, dokumentieren ein NABU-Film sowie die neue Studie.
„Der Wirkstoff Glyphosat und seine Abbauprodukte sind toxisch für viele Organismen und verseuchen Gewässerökosysteme. Schlimmer noch: Die Bevölkerung in den betroffenen Regionen leidet deutlich vermehrt an Fehlgeburten, Fehlbildungen und Krebserkrankungen“, resümiert NABU-Präsident Olaf Tschimpke.
Zudem werden für die Ausweitung der Anbauflächen vielfach Wälder und naturnahe Ökosysteme vernichtet. So hat sich der Anbau gentechnisch veränderter herbizidresistenter Kulturen wie Soja, Mais und Raps von 79 Millionen Hektar in 2009 binnen eines Jahres auf 83,6 Millionen Hektar erhöht – zugleich wurde die ausgebrachte Menge Glyphosat erheblich gesteigert, statt abzunehmen wie die Herstellerindustrie stets verspricht.
Zu den gesundheitlichen Auswirkungen schreibt der NABU in der Studie:
"Glyphosat, Roundup, POEA (und AMPA) schädigen menschliche Zellen und führen zu deren raschem Absterben, selbst bei Konzentrationen, wie sie in der agronomischen Praxis auftreten können; außerdem wurden anti-östrogene und anti-androgene Effekte beschrieben, die zu endokrinen Störungen führen (...) DNA-Fragmentierung, Schrumpfung und Fragmentierung der Zellkerne wurden beobachtet. Die Hemmung des Enzyms Aromatase, das Androgene in Östrogene umwandelt und daher eine zentrale Rolle bei der Östrogen-Produktion und damit bei der Keimzellbildung und Fortpflanzung spielt, wird als besonders problematisch gesehen." (S. 11)
Roundup stehe als Ergebnis mehrere Studien im "Verdacht, die menschliche Fortpflanzung und Embryonalentwicklung zu stören, zudem würden toxische Effekte und hormonelle Wirkungen der Formulierungen bislang unterschätzt. Glyphosat steht darüber hinaus im Verdacht, bestimmte Krebserkrankungen wie das Non-Hodgkin-Lymphom (Krebserkrankung des lymphatischen Systems) zu fördern (...) und die Entstehung von Hauttumoren zu begünstigen" (S. 11)
Nun steht in Europa die Zulassung genveränderter und herbizidresistenter Maissorten und Zuckerrüben an. In Deutschland gibt es bereits die ersten Versuchsfelder. Obwohl auch die Bundesregierung zugibt (Drucksache 17/4902), dass die Risiken für die biologische Vielfalt immer deutlicher werden – als da sind weniger Blütenpflanzen, weniger Samen, weniger Bestäuber, weniger Insekten und so weiter. „Angesichts dieser Gefahren muss die Bundesregierung sich für das Verbot herbizidresistenter Nutzpflanzen in Europa einsetzen“, fordert Tschimpke.
Weiterführende links
- NABU-Studie Glyphosat & Agrogentechnik: Risiken des Anbaus herbizidresistenter Pflanzen für Mensch und Umwelt. 2011
- George et al. 2010: Studies on glyphosate-induced carcinogenicity in mouse skin, A proteomic approach. J. of Proteomics 73: 951-964.
- Mesnage et al. 2010: Roundup® in genetically modified plants: Regulation and toxicity in mammals. in: Breckling, B. & Verhoeven, R. (2010) Implications of GM-Crop Cultivation at Large Spatial Scales. S. 31–33.
- Benachour & Seralini 2009: Glyphosate formulations induce apoptosis and necrosis in human umiblical, embryonic, and placental cells. Chem Res Toxicol 22: 97-105
- Gasnier et al. 2009: Glyphosate-based herbicides are toxic and endocrine disruptors in human cell lines. Toxicology. 262: 184–191.
- Eriksson et al. 2008: Pesticide exposure as risk factor for non-Hodgkin lymphoma including histopathological subgroup analysis. International J. of Cancer 123: 1657-1663
- Benachour et al. 2007: Time- and dose-dependent effects of Roundup on human embryonic and placental cells. Arch Environ Contam Toxicol 53: 126-133
- Martinez et al. 2007: Cytotoxicity of the herbicide glyphosate in human peripheral blood mononuclear cells. Biomedica. 2007 Dec;27(4):594–604.
- Monroy et al. 2005: Cytotoxicity and genotoxicity of human cells exposed in vitro to glyphosate. Biomedica 25: 335–345.
- Richard et al. 2005: Differential effects of glyphosate and roundup on human placental cells and aromatase. Environ Health Perspect. 2005 Jun;113(6):716-20.
- Lioi et al. 1998: Genotoxicity and oxidative stress induced by pesticide exposure in bovine lymphocyte cultures in vitro. Mutation Research 403: 13–20.
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