Genmanipulierter Lebend-Impfstoff für Pferde

Ab diesem Frühjahr wollte der Pharmahersteller Intervet International B.V, eine Tochterfirma des Chemieunternehmens Merck, in Ostdeutschland ein neues Freilandexperiment mit einem genmanipulierten bakteriellen Lebend-Impfstoff für Pferde durchführen. Das Umweltinstitut München und der BUND warnten vor den Risiken und riefen zu einer Protestaktion per E-Mail auf – mittlerweile wurde der Versuch abgesagt.

Auf dem Gestüt von Paul Schockemöhle in Mecklenburg-Vorpommern war ein dreijähriger Großversuch mit insgesamt 240 Fohlen und 240 Stuten geplant. Der Besitzer hat sein Firmenimperium unter anderem mit Legehennenbatterien aufgebaut und war wegen seiner tierquälerischen Methoden immer wieder in Verruf geraten.

Ziel des Tierversuchs war offiziell die Beantragung der Zulassung des genmanipulierten Lebend-Impfstoffs  Equilis RodE bei der Europäischen Arzneimittelagentur. Dieser Impfstoff soll Pferde vor einer Erkrankung durch das Bakterium Rhodococcus equi bewahren, das Atemwegserkrankungen hervorrufen kann (übrigens auch bei Wildtieren und Menschen, vgl. Wikipedia-Artikel zu Rhodococcus equi).

Tatsächlich werde damit die Ausweitung der Massentierhaltung durch Genmanipulation verschleiert, so das Umweltinstitut München. Denn eingesetzt würde der fertige Impfstoff später in Zuchtfabriken, in denen mehrere tausend Pferde auf engstem Raum gehalten werden.

Können sich Menschen anstecken? Umweltauswirkungen unklar
„Besonders brisant ist dieser Freisetzungsversuch, da sich immunschwache Menschen bereits mit dem ursprünglichen Bakterium infizieren können“, sagt Anja Sobczak, Gentechnik-Expertin beim Umweltinstitut München.

Die Folgen einer Erkrankung durch ein manipuliertes Bakterium seien nicht abzuschätzen. Selbst der Hersteller des Impfstoffes könne nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der manipulierte Impfstoff Krankheiten beim Menschen verursacht, so Sobczak.

Auch die Folgen für Tiere und Umwelt seien unbekannt, vor allem die Langzeitfolgen. Selbst der Hersteller räume ein, dass die negativen Auswirkungen auf die Umwelt nicht klar sind. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein völlig neues, unbekanntes Bakterium bildet.

Darüber hinaus sind lebende genmanipulierte Organismen nicht kontrollierbar, das hat der Anbau von Gen-Pflanzen eindeutig gezeigt. Einmal in die Umwelt entlassen, sind auch die Gen-Bakterien nicht mehr rückholbar.

Kommerz contra Tier-, Mensch- und Umweltschutz?
„Dieser Tierversuch dient lediglich den kommerziellen Interessen der Züchter“, sagt Harald Nestler, Vorstand des Umweltinstitut München. „Der Tierschutz wird völlig außer Acht gelassen. Mit Hilfe der Genmanipulation soll Massentierhaltung ohne Ansteckungsgefahr möglich gemacht werden – auf Kosten der Sicherheit von Menschen, Tieren und Umwelt. Deshalb fordere ich alle engagierten Bürgerinnen und Bürger auf, sich an unserer Onlineaktion „Kein Gen-Impfstoff für Tiere!“ zu beteiligen.“

Wie das NDR Nordmagazin am 30. Januar berichtete, teilte der Gestütsleiter mittlerweile mit, daß der Versuch wegen der ablehnenden öffentlichen Reaktion abgesagt worden sei.

Dr. Burkhard Roloff, Gentechnik-Experte beim BUND, begrüßte die Entscheidung: „Wir sind froh, dass dieser unnötige und unsichere Freisetzungsversuch nicht mehr durchgeführt wird. Der geplante Freisetzungsversuch mit einem Impfstoff aus lebenden, gentechnisch veränderten Bakterien (Rhodococcus equi RG 2837) an Fohlen hätte – bei einer möglichen Übertragung – eine Gefährdung für die Pferde im Gestüt und in der näheren Umgebung, für die Menschen vor Ort sowie für die Wildtiere in der Region dargestellt. Hier sollten mit Hilfe eines Impfstoffs die nicht artgerechten, industriellen Haltungsbedingungen von zu vielen eingesperrten Pferden auf zu engem Raum optimiert werden.
Es ist in Fachkreisen hinreichend bekannt, dass allein die Verbesserung der hygienischen Haltungs- bzw. Aufzuchtsbedingungen und die Verringerung der Anzahl der Tiere je Stall (Besatzdichte) die beste Möglichkeit zur Eindämmung dieser Krankheit ist. Dieser Freisetzungsversuch passt nicht nach Mecklenburg-Vorpommern, dass Gesundheits-, Tourismus- und Pferde-Land sein will.“

Quelle: Pressemitteilung des Umweltinstituts vom 25.1.2012; Pressemitteilung des BUND vom 30.1.2012

 

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