EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia katapultierte sich Mitte Juli auf die Titelseiten: er wolle, so zitierte die Süddeutsche aus einem Entwurf für eine Behihilferichtlinie, die Förderung von Atomkraft durch Subventionen erleichtern. Nach einem Aufschrei der Empörung in deutschen und österreichischen Medien kam dann hastig ein Dementi seines Sprechers, die EU-Kommission wolle die Regierungen „in keiner Form zu Subventionen für Kernkraft ermuntern“. Entschieden ist noch nichts, aber wer seine Stimme einbringen will, kann an einer Online-Aktion des Umweltinstituts München teilnehmen, um sich gegen die Verwendung von Steuergeldern zur Förderung der gefährlichen Atomkraft auszusprechen. Fukushima und Tschernobyl mahnen mit noch immer unbezifferbaren Folgeschäden.Noch heute zahlt der Bund mehrere hunderttausend Euro allein für durch Tschernobyl verstrahlte Lebensmittel. Entschädigt werden damit die Jäger, deren erlegte Wildschweine nicht in den Handel kommen dürfen. Allein in 2011 wurden 620.000 Euro bezahlt, weil die Wildschweine vor allem aus Südbayern zum Teil noch extrem hohe Cäsium-Werte aufweisen und deshalb als radioaktiver Sondermüll entsorgt werden müssen.
„Wenn in Deutschland ein ähnlich schwerer Atomunfall passiert, dann würde die Haftpflichtversicherung eines AKWs die Schäden bei Weitem nicht abdecken. Denn ein Meiler ist gerade einmal für etwa 250 Millionen Euro abgesichert“, kritisiert Christina Hacker, Vorstand im Umweltinstitut München. Und auch die Zusage der Betreibergemeinschaft, im Katastrophenfall bis zu 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, ist nicht ausreichend. Denn für Tschernobyl oder Fukushima werden Folgekosten in der Größenordnung von mehreren Tausend Milliarden Euro genannt.
Eine Studie aus dem Jahr 2011, erstellt von den „Versicherungsforen Leipzig“, einem Dienstleister für die Versicherungskonzerne, geht bei einem Kernschmelzunfall mit radioaktiver Freisetzung sogar von einer Schadenssumme von mehr als sechs Billionen Euro aus. Das beunruhigende Resümee des Geschäftsführers der Versicherungsforen: Atomkraftwerke sind nicht versicherbar.
Das Atomgesetz schreibt zwar vor, dass für Schäden, die über die Versicherungssumme hinausgehen, die Betreiber haften müssen. „Bei solchen Größenordnungen ist davon auszugehen, dass die Betreiber entweder in Konkurs gehen oder vom Steuerzahler gerettet werden, wie in Japan“, befürchtet Harald Nestler, Vorstand im Umweltinstitut München.
„Besonders findige Betreiber wie RWE und E.ON sparen sich die Versicherungsprämie, indem sie mehrere Kraftwerksblöcke, wie in Gundremmingen, nebeneinander stellen und als nur ein Atomkraftwerk versichern – als ob das Risiko kleiner würde, wenn die Blöcke nebeneinander stehen“, so Nestler weiter.
Quelle: Pressemitteilungen des Umweltinstituts München
Weitere Informationen
Süddeutsche-Beitrag vom 19.7.13: Brüssel will Bau von Atomkraftwerken erleichtern
Spiegel-Beitrag vom 22.8.13: Radioaktives Kühlwasser: neue Tanklecks in Fukushima befürchtet
Zeit-Beitrag vom 21.8.13. Aufsichtsbehörde hebt Atom-Warnstufe an
FAZ-Beitrag vom 21.8.13: Tepco hat aus Fukushima nichts gelernt (by the way – man fragt sich, ob sonstige Atomkraft-Befürworter etwas aus Tschernobyl oder Fukushima gelernt haben…)
TAZ-Beitrag vom 21.8.13: Weitere Krebsfälle unter Kindern
RT-News Beitrag vom 17.8.13: Fukushima apocalypse: Years of ‘duct tape fixes’ could result in ‘millions of deaths’
Fukushima-Infoportal der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit GRS
IPPNW International Physicians for the Prevention of Nuclear War: Wie sicher sind die deutschen Atomkraftwerke?
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